Essen. Zwei Jahre lang suchten Stadt und Kassenärztliche Vereinigung (KV) nach einem zusätzlichen Kinderarzt für den Essener Norden . Mit Dr. Robert Michael van Hal, der am 2. Januar Praxisräume in Altenessen bezog, soll sich nun die Versorgung von Kindern spürbar verbessern: Während es in manchem südlichen Stadtteil ein Überangebot an Kinderärzten gibt, lag die Versorgungsquote im kinderreichen Norden nämlich bisher bei mageren 67 Prozent.
Dieses Gefälle wurde von allen Verantwortlichen seit langem beklagt. Da aber weder KV noch die Stadt „Zwangsumsiedlungen“ vornehmen können, war die Beantragung eines „Sonderbedarfs“ die einzige Möglichkeit, eine zusätzliche Kinderarzt-Stelle zu schaffen.
Diesen Antrag stellte van Hal bereits vor sieben Monaten. „Schon da musste ich eine Praxis-Adresse angeben, ohne zu wissen, ob ich die Zulassung bekomme.“ In dieser Lage Räume anzumieten, wäre ein finanzielles Risiko gewesen. Deswegen suchte van Hal nach einer bereits bestehenden Arztpraxis, in der er Räume mieten konnte. Diese fand er an der Bischoffstraße 134 bei dem Allgemeinmediziner Dr. Hans-Joachim Austermann.
Van Hal braucht einen Stamm von 1000 Patienten
„Am 12. Dezember habe ich die dann Zusage bekommen“, sagt van Hal. Am 2. Januar, einem Mittwoch, an dem lediglich vormittags Praxisbetrieb ist, startete er. „Über Mundpropaganda hatte ich direkt am ersten Tag sechs Patienten.“ Um wirtschaftlich arbeiten zu können, braucht van Hal einen Stamm von 1000 jungen Patienten.
Betrachtet man die Versorgungslage im Norden, ist das realistisch. „Hier in Altenessen gibt es am Karlsplatz und an der Bäuminghausstraße zwei Kinderärzte“, sagt van Hal. Beide hätten ein so hohes Patientenaufkommen, dass die Wartezeiten oft lang und ihre Budgets rasch ausgeschöpft seien. Das habe die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle über den Sonderbedarf gerechtfertigt, erklärt KV-Sprecher Dr. Heiko Schmitz.
Mit van Hals Ansiedlung an der Bischoffstraße sind seine Kinderarzt-Kollegen dennoch unzufrieden, wie Engelbert Kölker, Sprecher der in Essen niedergelassenen Kinderärzte, erklärt. „Gerade in Vogelheim und Karnap fehlt eine Kinderarztpraxis. Dass es nun in Altenessen eine zusätzliche Praxis gibt, ist keine optimale Lösung. Es wäre wünschenswert gewesen, man hätte den Norden differenzierter betrachtet und zielgenauer bewilligt“, so Kölker.
Sozialdezernent Peter Renzel mag sich an der Diskussion nicht beteiligen. „Für die Kinder im Essener Norden ist das eine gute Nachricht. Für uns ist entscheidend, dass die Wege, die Eltern mit kranken Kindern zurücklegen müssen, möglichst kurz sind“, sagt Renzel. Und da sei man im Zweifelsfalle aus Vogelheim oder Karnap eher in Altenessen, als in der Stadtmitte oder in den südlichen Stadtteilen.
„Mir war schon während des Studiums klar, dass ich Kinderarzt werden will“, sagt Dr. Robert Michael van Hal. Zwar habe er auch andere interessante Bereiche kennen gelernt, aber die Arbeit mit Kindern sei für ihn etwas Besonderes. In der Kinderkardiologie der Uniklinik arbeitete der heute 35-Jährige und in der Pädiatrie, war zuletzt zweieinhalb Jahre auf der Neugeborenen-Intensivstation des Elisabeth-Krankenhauses tätig.
Nun der Schritt in die Selbstständigkeit. „Mir ist klar, dass das nicht leicht wird. Zumal ich keinen Patientenstamm übernehme, sondern bei Null anfange.“ Er hofft, dass Eltern mit neugeborenen Kindern den Weg direkt zu ihm finden und dass jene, die im Zug der bisherigen Unterversorgung mit Kinderärzten im Essener Norden jetzt noch weite Wege oder lange Wartezeiten in Kauf nehmen, sich für seine Praxis entscheiden.
Das Terminbuch ist noch leer, so beschäftigt van Hal sich derzeit mit der Praxis-Organisation. „Das Personal hier in der Allgemeinarzt-Praxis ist zwar sehr gut. Doch es muss von einer Kinderkrankenschwester angelernt werden.“ Wie geht man mit jungen Patienten um, die ansteckende Krankheiten haben? Wie fragt man wichtige Dinge ab und gibt den Eltern Tipps? „Wir wollen ja nicht, dass kranke Kinder stundenlang warten“, sagt van Hal.